Jazzhausjournal Juni 1998

jjokt98g.jpg (46855 Byte)Editorial

"Stranded In Paradise" oder Morris Mark, der letzte Barde der Karibik

"I would like to be respected as a human being. It is all about having a chance in life, people have to have a chance. Society must give people a chance". Während er mit seiner ruhigen, fast schüchternen Stimme über das Leben philosophiert, glänzen die Augen von Morris Mark, einem der Unsung Heroes der Karibik. "Some of the greatest musicians never made it in the big time" fast melancholisch siniert der 53 jährige "Dougla", wie die Einheimischen eine "Mischung" aus Inder und Schwarzafrikaner nennen, über sein bisheriges Leben, "I wish that my songs to be picked up by someone famous and be recorded. To make them what they should be, otherwise I would love to write for somebody."

Irgendwo auf den Britishen Jungferninseln sitzen wir beide, unterhalten wir uns über dieses vielleicht "letzte Paradies" auf Erden, einer Welt, die mit "denen da draußen" nicht viel zu tun hat und doch empfindet Morris Mark manchmal, daß er ein "Gestrandeter im Paradies" sei. Natürlich ist die Inselwelt zwischen Nord- und Südamerika nicht erst seit Bob Marley eine musikalische Hochburg. Reggae, Socca, Calypso, Latin, Salsa, Bolero, Merigues, Jazz, Blues, Dance, Disco, Pop, Rock, hier wird alles durcheinandergewirbelt und entstehen ständig neue Sounds. Morris Mark ist ein Autodidakt, der in allen Stilrichtungen zu Hause ist, der ganz undogmatisch spielt, was den Zuhörern gefällt und der mit seiner Musik unverblümt das Herz, die Seele ansprechen will, "I want to touch the heart of everyone". Gleichzeitig fühlt er sich als Wächter der Folk-Tradition der Inseln, will er die Melodien und Lieder seiner Eltern und Großväter erhalten. "There is so much beauty in a simple love song, that people sing in the streets, which they can relate to, which tells a story they are familiar with. I want to touch the ordinary person, who doesn’t care too much about "intelectual" music". Auf meine, typisch europäischen Einwände, daß sich dies ja nun verdächtig nach Schlager und (Oh Schreck!, Oh Graus!) Volksmusik anhöre, lächelt Morris und erklärt mir, inmitten von Kokospalmen, sanftem Meeresgesäusel und einer anständigen Mittagshitze, die Rolle der Barden im Mittelalter. Er verstehe sich vielmehr als Minnesänger, der die Geschichten seines Volkes, einem "Multikulti" aus Arawak-Indianern, afrikanischen Sklaven, Indern, Chinesen, Europäern u.a.m., erzählt und die Folk-Traditionen der "Islands" am Leben erhält.

Zum wiederholten Mal wird mir bewußt, daß viele "Weltmusik"-Anhänger, "Christian, I always wanted to ask a European this question, what is Worldmusic?", mit ihrem Interesse an den verschiedensten Folk-Traditionen und Ursprüngen der jeweiligen "Volksmusiken" einen so wichtigen Beitrag zum Erhalt der unendlichen musikalischen Vielfalt auf diesem Planeten beitragen, daß wir aber gleichzeitig in kreischende Empörung und tiefe Verachtung für "the common man" verfallen, wenn es um die "eigenen" Lieder geht. Außer natürlich es ist Guildo Horn, das ist jetzt der momentane "politically correct"-Umgang mit diesem Phänomen. Caroline Reiber ist vielleicht "not so politically correct", aber verdammt populär. Gibt es denn auch "schlechte" Weltmusik? Oder gibt es "gute" deutsche Volks-(folk-)-Musik? Genug, zurück zu den Britischen Jungferninseln und ihrem Morris Mark.

1964 kam er als Küchenhilfe von St. Lucia auf die BVI. Als sein musikalisches Talent endeckt wurde, durfte er allabendlich mit der Gitarre als "strolling minstral" durch die Reihen ziehen und den Besuchern Calypso und Caribbean Love Songs näher bringen. Schon bald gab es die Mark Five Combo, die zum festen Bestandteil des kulturellen Angebotes einiger Hotels wurde. Morris war selbst nie in Haiti, er wollte aber Steel Band Musik machen, also hämmerte er damals sein eigenes Notenkonzept auf alte Ölfässer und spielt bis heute seine eigenen "Instrumente" nach eigenen Arrangements mit seiner eigenen Steel Drum Formation.

Sein großes Vorbild ist Bob Dylan, den er für einen der besten Songschreiber aller Zeiten hält, aber auch ein Roger Whittaker wird für seine einfachen Liebeslieder von Morris Mark verehrt. Sein eigenes Gitarrenspiel, das an George Benson erinnert, sei sehr von Eric Clapton und B.B.King beeinflußt, der Troubadour des Calypso nennt Lord Kitchner und The Mighty Sparrow als seine Lieblinge, aber Morris mag die ständige Kategorisierung der Musik überhaupt nicht: "Music is music the whole world over. I view music from a singer’s point of view. I concentrate on the lyrics. When I look to the mountains, the sky or the ocean, I write songs which touch the heard and which cherish freedom. The most beautiful thing about the BVI is that here is true freedom and peace."

Die eigenen drei Söhne haben längst eigene Bands oder spielen im neuen Outfit des Vaters: "Morris Mark Experience". Sie waren schon "draußen" und haben sich ausgiebigst mit den "Errungenschaften" der westlichen Zivilisationen vertraut gemacht. "It’s a tough world out there. I very much dislike this growing tendency of Black or White Men to keep the races apart. I hope that some day Mankind all over the world accept people as God’s creation. God is a great painter. He did not use just one colour. Different colours are beauty, variety is beauty. We are here to get along with each other.", sagt Morris und drückt mir seine selbst produzierte Kasette "Simply Beautiful" (1995) in die Hand, die er Dank der Unterstützung seiner amerikanischen Bewunderin K im Donahue aufgenommen hat. Für seine Calypso Sammlung "Sweet Calypso" und sein neustes, ausgezeichnetes Set "Love Is Like A Rainbow" sucht er ein Label. Ich habe selten einen so fähigen Musiker, lyrisch-melancholischen Sänger uns so begnadeten Songschreiber erlebt, wie das unentdeckte Talent Morris Mark.

"More and more people appreciate our music", möge es ihm irgendwann zum verdienten Ruhm gereichen.

Herzliche Grüße, Ihr

Christian H. Hodeige

Programm Juni 1998

Montag 1 21:00 Session Time
Dienstag 2 21:00 Indie-Rock-Festival
The Notwist, 16 Horsepower; Toxic, The Watchmen
Mittwoch 3 21:00 Tarika
Donnerstag 4 21:00 Dixieland
Sedan Street Syncopaters
Freitag 5 23:00 Funky Dance Night
DJ Raimund Flöck
Samstag 6 21:00-3:00 Hip Hop/DJ Kirk + DJ Scare (Laser Possee)
Rakim / Aphrodelics special guests
Sonntag 7 . Geschlossene Gesellschaft
Montag 8 21:00 Newcomer JRSF
Hutch/Leibnitz/Alurad
Dienstag 9 21:00 Offene Bühne des Folk & Blues Clubs
Mittwoch 10 21:00 Italienische Nacht
Mario Ferraro Band
Donnerstag 11 20:00 New Orleans Jazz / Dixieland
Jazzladen
Freitag 12 22:00 And the beat goes on
70's Dance Party
DJ Thomas Müller (SWF 3)
Samstag 13 23:00 Funky Dance Night
DJ Raimund Flöck
Sonntag 14 21:00 Session Time
Montag 15 21:00 Jam Session der Jazz- und Rockschule
Dienstag 16 20:30 Italienische Nacht
Mario Ferraro Band
Mittwoch 17 21:00 La Noche de La Salsa
Donnerstag 18 21:00 Geschmeido / Wiekino
Freitag 19 21:00-3:00 Dub Syndicate / Trans AM
Samstag 20 22:00 Funky Dance Night Spezial
Amalgamation of Soundz (London)
Sonntag 21 21:00 Session Time
Montag 22 21:00 Jazz- und Rockschule Freiburg
Elena Poletti Band
Dienstag 23 . .
Mittwoch 24 21:00 Geschlossene Gesellschaft
Donnerstag 25 21:00 High Llamas
Freitag 26 21:00 Son Volt (Ex Uncle Tupelo)
24:00 Funky Dance Night, DJ Raimund Flöck
Samstag 27 23:00 Funky Dance Night
DJ Raimund Flöck
Sonntag 28 19:30 S2 Kultur Hörerfest
Waldi Heidepriem Trio
Albert Louis Jazzband
Tshinsungu Kalomba & Kasalla
Montag 29 21:00 Newcomer JRSF
Heady Fools / Heathers in Bloom
Dienstag 30 20:00 Vereinigung Freiburger Jazzhaus e.V.
Jahreshauptversammlung

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