Jazzhausjournal Juli 1998

jjokt98g.jpg (46855 Byte)Editorial

"Bits and Pieces in July" oder "Kleine Juli-Stückle" von mir

Da hängt es nun seit Tagen wieder über mir, wie ein Damokles-Schwert, das nächste Editorial ist fällig. Was schreiben, wird mir noch eine "große" Geschichte einfallen, soll ich ein Musikthema herausgreifen, gibt’s was Interessantes aus heimischen Gefilden zu berichten, soll ich vielleicht auch mal beschreiben, wie ich die so langsam ins Alter kommende Spezies der "68er" erlebe, oder vielleicht eine Brücke Musik - WM-Fußball herstellen, oder mal wieder erklären versuchen, warum dieses Journal den (schwierigen) Weg beschreitet, den es geht, zum wiederholten Mal die wirtschaftlichen Zwänge und die daraus resultierenden Zusammenhänge aufzeigen, endlich die langverdiente ‘Homage’ an Willi König schreiben, von den neuen Organisationsstrukturen im Jazzhaus berichten, oder einfach mal von "Bits and Pieces" berichten, die im Juli erwähnenswert sind? - das Leben des Vorwortschreibers ("Ja, schreiben Sie das denn wirklich alles selber?") ist kein leichtes, aber der selbst auferlegte Druck ("Deine ‘Ergüsse’ ließt doch sowieso keiner") macht ja irgendwo auch Spaß.

Was haben Jazzie B, Beverly Knight und Sly Dunbar gemeinsam? Sie glauben daran, daß Jamaica Fußballweltmeister wird. Allein the Jamaica Tune: "Jamaica United", ein von Sly and Robbie produzierter Song mit Ziggy Marley, Shaggy, Maxi Priest, Ini Kimoze, Diana King, Buju Banton und Tony Rebel ist sicher mehr als hörenswert, dennoch wird der Wunsch ein frommer bleiben. Noch bevor die Unsrigen den ersten Ball gespielt haben, möchte ich mich dem Bruder von Nenah Cherry, Eagle Eye Cherry - Schauspieler, Sänger, Gitarrist und Schweden-Fan - anschließen und sagen: "You can never, ever rule out Germany". Yo man. Dat’s de trouts!. Es sagen ja viele englische Cab-Driver: "Do you want to know the definition of football? Twenty-two people chase a ball and Germany wins!" Wollen wir’s hoffen.

Während ich mir diese Zeilen aus den Rippen schneide, liegt die neue Pharoah Sanders: ‘Save Our Children’ (Verve 557 297-2) auf dem CD-Teller. Nicht erst seit der für mich grandiosen ‘Message From Home’-CD ist die Zusammenarbeit von Bill Laswell, in Jazz-Puristen Kreisen so umstrittener Produzent und Pharoah Sanders, Sopran- und Tenorsaxophonist, dessen jahrzehnte-langes Schaffen in der Jazzwelt immer noch wenig im Rampenlicht steht, eine ganz besondere Verbindung. Sanders gilt als einer der ersten wirklichen Weltmusiker, sein Jazz war immer ein erdiger, dem Klang dieser Welt verpflichteter, sein Spiel hat sich weniger in Konzepten verloren, als daß er spirituell und völlig losgelöst von Konventionen die unterschiedlichsten Quellen verbinden will. Er wisse gar nicht genau, was Jazz sei, sagt Sanders, "Ich spiele, was ich spiele, und Du hörst, was Du hörst. Was soll ich dazu sagen?" So hat sich Bill Laswell so vollkommen in Pharoah’s Klangskulpturen hineinversetzt, daß er exakt weiß, was Sanders will und dies auch durch seine eigenwilligen Arrangements und durch die Zusammensetzung der beteiligten Musiker zum Ausdruck bringen kann. ‘Save The Children’ verbindet HipHop mit indischen Perkussionsgewittern, Afrikanische Roots treffen auf Psychadelic-High-Tech-Atmosphäre. "Ich sehe Miles, Stockhausen, Hendrix und Coltrane als Väter an" sagt Laswell. Sanders neue CD ist ein Leckerbissen für alle, die den "Future Sound" kennen und schätzen und für die, die lernen wollen.

Die beiden herausragenden Konzerte im Jazzhaus im Juli sind Terry Callier am 13.07. und die Jung-Jazz-Diva Cassandra Wilson am 20.07. Terrence Orlando Callier, dessen CD ‘Time Peace’ (Verve 31453 73172) eine Rückkehr ins Rampenlicht nach 14-jähriger Abstinenz darstellt und dabei ist, schon jetzt Kult-Status zu erreichen. Pharoah Sanders ist auf dieser Scheibe übrigens auch zu hören."Über Pharoah’s Mitwirkung freue ich mich besonders, denen er steht für mich in direkter Verbindung zu meinem größten musikalischen Helden, John Coltrane." Sanders war einer der letzten, die mit Coltrane gespielt haben.

Cassandra Wilson hat sich mit ihrer Co-CD ‘Rendezvous’ (Blue Note 24385 54842) mit Partner Jacky Terrasson am Piano 1997 eindrucksvoll auf der Jazz-Bühne zurückgemeldet. Neben Dee Dee Bridgewater, Dianne Reeves ist sie sicher das größte (Nachwuchs-) Talent der zeitgenössischen Vokal-Jazz-Szene. Beide Konzerte verdienen ein volles Haus.

"Du" heißt die schweizer Zeitschrift der Kultur, die vom ‘Züricher Tagesanzeiger’ seit Jahren mit unvergleichlichem Aufwand und höchsten Qualitätsansprüchen verlegt wird. Zum besten, was man über Jazz lesen kann, gehören ihre Ausgaben, die sie der größten Kunstform des 21. Jahrhunderts gewidmet haben: "In A Silent Way. Miles Davis" (Nr. 8, 1989), "Body And Soul. Die größten Sängerinnen des Jazz" (Nr.4, 1992), "Misterioso. Jazzlegende Thelonious Monk" (Nr. 3, 1994), "We Insist. Max Roach. Das Schlagzeug" (Nr.12, 1996) und "Die Trommel. Weltsprache Rhythmus" (Nr.1, 1997). Das sind Lese-Leckerbissen der feinsten Art.

So, das war’s mal wieder. Einen schönen Juli wünscht Ihnen, Ihr

Christian H. Hodeige

Programm Juli 1998

Mittwoch 1 . Keine Veranstaltung
Donnerstag 2 . Keine Veranstaltung
Freitag 3 22:00 Funky Dance Night
Samstag 4 21:00
24:00
Carl Schurtz Haus
Independence - Day - Party
Funky Dance Night
Sonntag 5 21:00 Session Time
featuring Wolfgang Disch
Montag 6 . .
Dienstag 7 . .
Mittwoch 8 21:00 La Noche de la Salsa
Donnerstag 9 . .
Freitag 10 21:00
24:00
Alumni-Treffen der Albert-Ludwig_Uni
Funky Dance Night
Samstag 11 23:00 Funky Dance Night
Sonntag 12 21:00 Jazz- und Rockschule Freiburg
International Bigband Summit
Montag 13 . .
Dienstag 14 . .
Mittwoch 15 22:00 Terry Callier & Band
DJ's Raimund Flöck und Rainer Trüby
Donnerstag 16 . .
Freitag 17 22:00 Funky Dance Night
Samstag 18 23:00 Funky Dance Night
Sonntag 19 21:00 Session Time
featuring Peter Streicher
Montag 20 21:00 Cassandra Wilson & Band
Dienstag 21 21:00 Newcomerband der Jazz- und Rockschule Freiburg
Grandma's Applepie / Catch 22
Mittwoch 22 . .
Donnerstag 23 .21:00 Simon Hollidays
International New Orleans Session
Freitag 24 21:00 Alfredo Rodriguez
Cuba Linda (Salsa Party)
Samstag 25 23:00 Funky Dance Night
Sonntag 26 21:00 Session Time
featuring Isabella Guidi
Montag 27 23:00 Jazz- und Rockschule Freiburg
Semesterkonzert
Dienstag 28 . .
Mittwoch 29 . .
Donnerstag 30 21:00 Enzo Randazzos
Oldtime Jazz-Session
Freitag 31 22:00-4:00 Drum 'n Bass, TripHop
Infracom!-Labelparty /FFM

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