Jazzhausjournal August 1998

jjaug98g.jpg (52134 Byte) Editorial

Modern Times im Freiburger Jazzhaus

Nach 10 Jahren Konzertbetrieb, einem fast ununterbrochenen täglichen Veranstaltungszyklus, hat der Vorstand des Freiburger Jazzhauses auf seiner letzten Mitgliederversammlung vom 30.06.1998 neue Organisationsstrukturen vorgestellt, die einzig und allein den Sinn haben, das Freiburger Jazzhaus für die nähere Zukunft, für die nächsten 10 Jahre fit zu machen.

Überall ist heute von Reorganisation, Reengineering, von Relaunch und Strukturveränderung die Rede, man fordert (zu Recht), was sich im Staat alles ändern muß, die Politiker reden viel von Gemeindereform und Bürgernähe, Betriebe durchforsten ihre Strukturen, schulen ihre Mitarbeiter für die neuen Herausforderungen und bemühen sich um (hoffentlich einigermaßen sozialverträgliche) "Verschlankung" ihrer Organisationen (wenn sie gut sind), oder heuern Unternehmensberater an, die der Belegschaft die "schlechten" Nachrichten vom Personalabbau überbringen sollen (wenn sie nicht ganz so gut sind). Ja, ich weiß, das Jazzhaus ist kein Betrieb, wir befinden uns nicht in der freien Wirtschaft, sondern wir sind ein Verein mit Kulturauftrag, der in der Satzung verankert ist. Nur, der amtierende und neugewählte Vorstand wäre ein schlechter, würde er sich nicht um die Veränderungen der "Umweltbedingungen" Gedanken machen:

Noch nie hat es in Freiburg und der Region so viele Kultur- und insbesondere Musikveranstalter gegeben, wie derzeit. Die Bürger wissen das geradezu großstädtische Angebot zu schätzen, viele Auswärtige beneiden Freiburg um diesen wichtigen Faktor der Lebensqualität, der übrigens auch einen nicht zu unterschätzenden Wirtschaftsfaktor darstellt.

Noch nie hat sich ein so stetig wachsender Veranstalterkreis um die nicht beliebig vermehrbare Zahl des kulturinteressierten Publikums bemüht.

Noch nie haben eine stetig wachsende Zahl von "freien Trägern", d.h.private Initiativen, die ihr Geld nur zu (meist kleinen) Teilen von der öffentlichen Hand beziehen, den "staatlichen Kulturschaffenden" so viel Konkurrenz gemacht.

Noch nie waren die veranstaltungsabhängigen Kosten (z.B. Gagen, zusätzliche Leistungen, Spesen etc.) so hoch.

Noch nie hat es eine solch (be- und verhindernde) hohe Besteuerung von ausländischen Musikern gegeben. Es ist doch geradezu absurd, wenn man von Integration unser ausländischen Mitbürger spricht, wenn man um der großen Völkerverständigungs-Wirkung von Musikveranstalltungen weiß, lang bevor man es beim Fußball entdeckt hat (siehe z.B. Holland, Frankreich, England), wenn man weiß, daß der Jazz oder des deutschen neues Lieblingskind, die Weltmusik, gar nicht ohne die "Ausländer" auskäme, daß dann Konzerte mit ausländischen Musikern so hoch besteuert werden, daß die Veranstalter reihenweise in die Knie gehen, oder sich schlichtweg weigern, solche Acts in Zukunft zu verpflichten.

Noch nie hat Live-Musik in allen meist öffentlichen Lebenslagen so eine Rolle gespielt.

Natürlich ist diese Liste nicht erschöpfend, sie müssen dem auch gar nicht zustimmen, wichtig ist allein die Feststellung: die Umwelt verändert sich und die Verantwortlichen müssen sich diesen Veränderungen stellen. Hinzu kommt, daß ein Vorstand, der über Jahre in Kontinuität agiert, auch jedes Jahr eine Zeiteinheit älter wird, und damit dessen "Geschmäcker", dessen musikalische Auffassungen und dessen "Meinungen" um die "Jugend" oder um die "älteren Semester". Über die immer enger werdende Finanzsituation möchte ich jetzt gar nichts schreiben, die kennen alle Leser dieser Zeilen.

Aus diesen Gründen wird sich der Vereinsvorstand des Freiburger Jazzhauses einen "geschäftsführenden Vorstand" geben, der sich mit den Geschäftsführern für die Gastronomie und dem Veranstaltungsmanagment um alle finanziellen, rechtlichen, organisatorischen und städtischen Belange kümmern soll. "Private-Public-Partnership", von der unser OB so gerne spricht, ist eben auch ein Stück "Private-Public-Lobbying", ohne die "freie Träger" heute gar nicht mehr auskommen. Das große Thema "Sponsoring" gehört auch in diesen Themenkreis, auch hier hinkt die Gesetzgebung den Möglichkeiten geradezu jämmerlich hinterher. Man muß privaten "Spendern" die Sicherheit geben, daß ihr persönliches Geld denen zufließt, die sie fördern wollen und nicht, wie es derzeit geschieht, daß ein Großteil der Zuwendungen von den Steuern geschluckt wird.

Die zweite, für mich fast noch wesentlichere Neuerung ist die Einrichtung eines "Programmrates", der sich regelmäßig zusammensetzt und das inhaltliche "Profil" des Jazzhauses bespricht und kritisch durchleuchtet. Hier sollen nicht nur amtierende Vorstände und natürlich der für den Kulturbereich verantwortliche Geschäftsführer vertreten sein, sondern auch Musikspezialisten unterschiedlichster inhaltlicher Ausrichtung und Altersgruppen vertreten sein. Fachkompetenz ist hier das Zauberwort, frischer Wind von außen, neue An- und Einsichten erleben und diskutieren, interessierte, begeisterte "Macher" ans Jazzhaus binden, neue Publikumskreise für das Haus gewinnen - in diesem "Rat" spielt die Musik. Hier soll die inhaltliche Arbeit geleistet werden, die ein Vorstand und seine verantwortlichen Mitarbeiter brauchen, um den Herausforderungen der heutigen Zeit und hoffentlich der Zukunft gerecht zu werden. Ein hoher Anspruch gewiß, aber eine lohnenswerte und machbare Herausforderung zugleich.

Möge das Publikum diese Anstrengungen honorieren. Ich hoffe es!

Mit Zuversicht, Ihr

Christian H. Hodeige

Programm August 1998

Samstag 1 22:00 7 DM Funky Dance Night
Sonntag 2 . . .
Montag 3 . . Geschlossene Gesellschaft
Dienstag 4 21:00 frei Dozentenkonzert der Jazz- u. Rockschule Vol 1
Mittwoch 5 21:00 frei Dozentenkonzert der Jazz- u. Rockschule Vol 2
Donnerstag 6 21:00. 25 DM Tortoise
Support: Sue Garner
Freitag 7 22:00 7 DM Summer Of Love
60's Dance Party
Samstag 8 22:00 7 DM Funky Dance Night
Sonntag 9 . Geschlossene Gesellschaft
Montag 10 . .
Dienstag 11 . .
Mittwoch 12 21:00 6 DM La Noche De La Salsa
Donnerstag 13 21:00 16 DM Phil Franklin Jazzband
Freitag 14 22:00 7 DM Summer Of Love
60's Dance Party
Samstag 15 22:00 7 DM Funky Dance Night
Sonntag 16 21:00 Tropico Son
Montag 17 . .
Dienstag 18 . .
Mittwoch 19 21:00 6 DM La Noche de la Salsa
Donnerstag 20 21:00 7 DM Hot Jazz & Dixie Session
Freitag 21 22:00 7 DM Summer Of Love
60's Dance Party
Samstag 22 22:00 7 DM Funky Dance Night
Sonntag 23 21:00 frei Session Time
feat. Christoph Müller
Montag 24 . .
Dienstag 25 . .
Mittwoch 26 21:00 6 DM La Noche de la Salsa
Donnerstag 27 21:00 7 DM Franz Stibal's Summertime Jam-Session
Freitag 28 22:00 7 DM Summer Of Love
60's Dance Party
Samstag 29 22:00 7 DM Funky Dance Night
Sonntag 30 21:00 frei Session Time
feat. Michael Sattler

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